How to build boats

Nach dem Abi erstmal nicht weiter in der Mühle funktionieren müssen, dachte ich. Also möglichst weit weg! Da lag Neuseeland natürlich weit oben auf der Wunschliste. Im Kleingedruckten stand aber auch Aufstehen morgens um 5:30 Uhr und als einziger Fahrradfahrer im Verkehrschaos durch Auckland fahren. Drei Monate habe ich dort in einer Werft gejobbt und einen kleinen Einblick bekommen, wie man Boote baut. Was bei uns die Autobranche ist, ist in Neuseeland der Bootsbau.
 
Insgesamt habe ich viel über Holz- Glasfaser- und Carbonverarbeitung gelernt. Am meisten aber über das Arbeiten im Team. Jeweils fünf bis 15 Mann arbeiten gemeinsam an einem Boot – bis es fertig ist. Als Hiwi muss man erstmal zeigen, was man so kann und überall aushelfen. Schleifen stand da ganz oben auf der Agenda. Faszinierend war für mich, wie absolut genau es da zugeht: um die perfekte Rundung am Rumpf zu bekommen, haben wir zB zu sechst mit einem sieben Meter langem Schleifklotz gearbeitet. Insgesamt haben wir an dem Boot etwa 500kg Spachtelmasse im Rhythmus runter geschliffen. Kein Wunder, dass die Neuseeländer im Segeln weit vorne liegen. 
 
Zum Glück wird bei Lloyd Stevenson Boatbuilders so ziemlich alles in Handarbeit gefertigt. So konnte ich zB mitbekommen, wie ein Rumpf von Grund auf aufgebaut wird. Gestartet wurde mit ausgefrästen MDF-Platten, die millimetergenau im Raum positioniert wurden. Alleine das Aufstellen der Platten hat eine Wochen gedauert. Danach wird Schicht für Schicht aufgebaut, laminiert, geschliffen, gespachtelt, lackiert und jede einzelne der Tausenden von Schrauben versiegelt. 
 
Ein ganz schöner Wahnsinn allerdings auch, wenn man bedenkt, wieviel Menge an Sondermüll anfällt, um so ein Erwachsenenspielzeug zu bauen. An manchen Tagen waren es mehrere Hundert Kilogramm an Plastik und Epoxydharz. Aber das vergisst man doch ziemlich schnell wieder, weil die Freude am Bauen im Vordergrund steht. Und das Arbeiten im Team. Und das abendliche Zusammensitzen, Grillen, etc. Mein absolutes Highlight: einmal hatte uns der Eigner mit einer nagelneuen, von uns gebauten Yacht zum Fischen eingeladen. Einen Tag lang sind wir rumgecruist, haben die überdimensionierte Fischbox auf dem Deck gefüllt und am nächsten Tag eine Fisch-Grillparty veranstaltet. 
 
 
Nach einem Vierteljahr Auckland war es an der Zeit aufzubrechen und das Land kennen zu lernen. Auf in den Süden!  Via: Tongariro National Park, Rotorua, Lake Taupo, Mount Taranaki, Forgotten World Highway, Wellington, Christchurch, Westcoast, Pancake Rocks, Queenstown… Weihnachten und Neujahr hab ich im Hippie-Dorf Raglan versucht zu lernen, was jeder Neuseeländer mit der Muttermilch aufnimmt. Surfen – war zumindest eine willkommene Abwechslung zum Schleifen.
 

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